Einzelpetition zur Zürcher Amokläuferkartei
Tl, dr: Die Kantonspolizei hat ein neues Spielzeug, welches m.E verfassungsrechtlich hochproblematisch ist. Sie führt mit der sogenannten „Amokläuferkartei“ eine Liste von Personen, die sie als gefährlich rsp. gewaltbereit einstuft und drängt diesen Beratungsgespräche in deren eigener Wohnung auf. Wer das – verständlicherweise – nicht will, wird verhaftet, nicht weil er eine Straftat begangen hat oder eine solche plant, sondern lediglich weil er möglicherweise in der Zukunft entsprechendes vorhaben könnte. 日本語でtl、dr:州警察は新玩具があります。
警察は暴走殺人者のリストを作りました。暴走殺人者は誰も
「その人は危なく暴力、警察を陳ずります」人です。
警察は危なく暴力な人に話し合いをさせます。
この話し合いは暴走殺人者の家を開催されました。
危なく暴力な人は非協力的、警察はその人を拘禁します。
それは人権の問題だと思います。Edit (28.07.2015): Die Antwort der Sicherheitsdirektion ist – freundlich ausgedrückt – nichtssagend. Dass es Aufgabe der Polizei ist, geplante Verbrechen zu verhindern, ist offensichtlich und wurde nicht bestritten.
Die zentrale Frage war: Warum ist es der Kantonspolizei erlaubt, ihre Befragungen in der durch die Privatsphäre geschützten Wohnung der Betroffenen vorzunehmen und welche Gesetzesartikel ermöglichen die Inhaftierung von Personen, bei denen weder der Verdacht besteht, dass sie eine Straftat begangen haben oder eine solche planen, über den blossen Polizeigewahrsam (24 Stunden) hinaus?
Den zitierten Rechtsnormen lässt sich eine Rechtfertigung für solche Massnahmen jedenfalls nicht entnehmen. Auch die übrigen schweizerischen Gesetze kennen – wie dargelegt – solche Massnahmen nicht. Die verfassungsrechtliche Problematik besteht daher nach wie vor.日本語でEdit(六月二十七日):
州警察の応酬は可也て無意味です。
犯罪を予防するは警察の職分です、はい。その通りです。異議がない。
でも、一番大切な質問は
「どの法は警察が被災者の家で話し合いさせるを許可しますか」
で二番大切な質問は
「どの法は警察がその人を二十四時間以上監禁するを許可しますか」
でした。
その質問について、州警察は何も言いませんでした。
そして、全てのスイス法は質問当の方法がありません。
だから、人権の問題は続きます。
An den Vorsteher des Sicherheitsdepartements
An den Leiter der Präventionsabteilung der Kantonspolizei Zürich
Petition / Anfrage zur Rechtmässigkeit der Amokläuferkartei (Bedrohungsmanagement)
Sehr geehrter Herr Fehr, sehr geehrter Herr Brunner,
Mit dieser Eingabe möchte ich – gestützt auf Art. 33 BV i.v. mit Art. 10 Abs. 1 KV ZH sowie Art. 16 KV ZH, eventual gestützt auf Art. 17 KV ZH i.v. mit § 20 IDG ZH, Auskünfte zu oben genannter Thematik einholen.
Bitte beantworten Sie mir dazu die folgenden Fragen, die sich mir aufgrund Ihrer Aussagen in der Berichterstattung auf Tele Züri vom 19.05.2015 stellen:
1. Auf welcher Rechtsgrundlage basiert das Bedrohungsmanagement der Kantonspolizei Zürich? Bitte nennen Sie mir die relevanten Gesetzesartikel und begründen Sie dies.
2. Welche Massnahmen trifft die Kantonspolizei Zürich im Rahmen des Bedrohungsmanagements konkret? Der Beitrag nennt lediglich das Gespräch am Wohnort der als gefährlich eingestuften Person sowie deren Inhaftierung.
Sind dies alle Massnahmen, die das Bedrohungsmanagements in einem solchen Fall vornehmen kann oder gibt es weitere? (Etwa Hausdurchsuchung der Wohnung des Betroffenen, amtliche Überwachung nach Art. 197octis StGB etc.) Falls ja, zählen Sie diese bitte abschliessend auf.
3. Aufgrund welchen objektiven Tatsachen wird eine Person als gefährlich rsp. gewaltbereit eingestuft? Erfolgt diese Einstufung durch geschultes Fachpersonal (Psychologen) oder kann sie von jedem Polizeibeamten vorgenommen werden?
Falls ja, erfolgt dies im Zug einer Ferndiagnose nach Massgabe der in international standardisierten psychiatrischen Handbücher (ICD 10 / DSM IV) beschriebenen Symptomatik für Persönlichkeitsstörungen oder in einer ähnlich fachkundigen Weise?
Wenn nein, warum nicht?
4. Was versteht die Kantonspolizei Zürich unter einem „Amoklauf“? Welche Straftaten werden hierunter gezählt insbesondere vor Hinsicht, dass mit BGE 140 I 353 im Zuge der Aufhebung von § 32f Abs. 2 PolG ZH der Begriff des „Amoklaufs“ aus dem Gesetz gestrichen wurde?
5. Für welche weiteren, möglicherweise geplanten Straftaten neben dem „Amoklauf“ findet das Bedrohungsmanagement als Mittel der Prävention Anwendung?
6. Auf welcher Rechtsgrundlage basiert die Inhaftierung gesprächsunwilliger Personen? In welcher Form erfolgt die Haft? (Polizeigewahrsam, Untersuchungshaft, (ausser)ordentlicher Strafvollzug, fürsorgerische Unterbringung)
Wie lange dauert diese maximal und welche Möglichkeiten des Rechtschutzes (sofortige Haftprüfungsbeschwerde, vorgängige richterliche Anordnung, nachträgliche Beschwerdemöglichkeit etc.) hat der Betroffene?
7. Wie wird sichergestellt, dass die durch das Bedrohungsmanagment ausgesprochenen Verhaftungen nicht in eine Form des reinen Vorbeugegewahrsams analog zur verbotenen Schutzhaft ausarten?
(Siehe hierzu die Entscheidung des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main (Az. 20 W 211/06) zum hessischen Unterbindungsgewahrsam, wonach auf Vermutungen basierender Freiheitsentzug verfassungsrechtlich eben gerade nicht zulässig ist.)
8. In wie fern lässt sich die Inhaftierung von Personen, die weder eine Straftat begangen haben noch eine solche unmittelbar planen, verfassungsrechtlich rechtfertigen?
Bitte erklären Sie, weshalb aus Ihrer Sicht hierbei kein Konflikt mit den Grundrechten auf persönliche Freiheit (Art. 10 Abs. 2 BV), Privatsphäre (Art. 13 Abs. 1 BV, Art. 8 EMRK), Freiheitsentzug nur nach Gesetz und durch Gericht (Art. 31 Abs. 1 et 4 BV, Art. 5 EMRK) dem Willkürverbot (Art. 9 BV) sowie dem Verhältnismässigkeitgebot (Art. 36 Abs. 3 BV) bestehet.
Ich gehe davon aus, dass der Erhalt der gewünschten Informationen im Rahmen einer Petitionsantwort möglich ist. Sollten Sie diese Einschätzung nicht teilen, bitte ich meine Eingabe als einfache Anfrage nach Informationsdatengesetz im Sinne von § 29 Abs. 2 lit. a IDG ZH zu betrachten.
Sollten Sie auch dies nicht als gegeben ansehen, bitte ich um vorgängige Benachrichtigung über die Gebührenhöhe, sollte sie die Geringfügigkeitsgrenze gem. § 35 Abs. 3 Satz 2 IDV ZH übersteigen.
Bitte teilen Sie mir mit, ob Sie meiner Anfrage entsprechen und mir die angefragten Informationen zur Verfügung stellen können.
Mit freundlichen Grüssen
- Bündnis für sinnvolle Rechtssetzung -
Kontaktadresse für die elektronische Zustellung von Daten im Sinne von §10 Abs. 3 IDV ZH: BVGGCHEM@gmx-topmail.de
Antwort der Sicherheitsdirektion:
Zusammengefasst: Laut Sicherheitsdirektion ergebe sich die gesetzliche Grundlage für das Bedrohungsmanagement aus Art. 8 Abs. 1 POG sowie der POLIS-Verordnung. Im Übrigen seien die im Rahmen des Bedrohungsmanagement vorgenommenen Massnahmen gesetzlich vorgesehen und würden nach Massgabe des Verhältnismässigkeitsgrundsatz angewandt.
Die zitierten Rechtsnormen wurden selbstverständlich überprüft. Bedauerlicherweise, aber erwartet erweist sich die Ansicht der Sicherheitsdirektion dabei als rechtlich unhaltbar.
Aus Artikel 8 Absatz 1 des Polizeiorgansiationsgesetzes ergibt sich nur, dass die Kantonspolizei „zur Verhütung von Straftaten“ kriminalpolizeilich tätig werden darf, was weder bestritten noch erfragt wurde. Die Verhinderung möglicher, zukünftiger Straftaten ist jedoch gerade keine kriminalpolizeiliche Tätigkeit, sondern kann – wenn überhaupt – allenfalls im Rahmen der Gefahrenabwehr sicherheitspolizeiliche Aufgabe sein.
Die POLIS-Verordnung ist ein bisschen länger (12 Seiten), darum hier nicht im Volltext abgebildet. Wer nachschlagen will, findet sie in der amtlichen Sammlung: LS 551.103 Die POLIS-Verordnung hatte übrigens auch schon ihre Ehrenrunde vor dem Bundesgericht (BGer 1P.71/2006) ist aber im Gegensatz zum Polizeigesetz [LS 550.1 ] (BGE 136 I 87, 140 I 353) dabei nicht durchgefallen, sondern wurde als verfassungskonform bestätigt.
Könnte man also das Verhalten der Kantonspolizei im Zusammenhang mit der Amokläuferkartei unter die Bestimmungen der POLIS-Verordnung subsumieren, müsste man wohl zähneknirschend zugeben, dass zumindest kein rechtliches Problem besteht.
In der Tat besteht gem. § 4 Abs. 2 lit. b et f POLIS-Verordnung der Zweck dieser Datensammlung darin, Lageberichte und Täterprofile zu erstellen. § 9 POLIS-Verordnung erlaubt denn auch die Verwendung solchermassen zusammengestellter Datensätze zu Fahndungszwecken, allerdings zur Aufklärung ungeklärter Straftaten.
(Übrigens wäre es nett gewesen, diese Normen gleich in der Antwort zu nennen, dann hätte man nicht suchen müssen. Service Public und so...)
Die blosse Erstellung von Listen, auf der Personen als gefährlich rsp. gewaltbereit markiert werden, ist daher wohl – wenn auch aufgrund des offenbar längst vergessenen Fichenskandals rechtspolitisch gesehen m.E äusserst unschön – rechtlich zulässig.
Allerdings regelt die POLIS-Verordnung nur die Bearbeitung bereits vorhandener Informationen und nicht die Informationsbeschaffung.
Die Aktivität der Kantonspolizei im Rahmen des Bedrohungsmanagement geht nämlich laut Medienberichten [20min, SRF I, SRF II] deutlich darüber hinaus:
1. Wird Personen, die von der Kantonspolizei als gefährlich rsp. gewaltbereit einstuft wurden, ein psychologisches Gespräch (in deren Wohnung [1]) aufgedrängt.
2. Können Personen, wenn sie ein solches Gespräch ablehnen, inhaftiert werden.
(Die konkrete Ausgestaltung beider Massnahmen hinsichtlich Art, Dauer, Voraussetzungen und Durchführung war auch Gegenstand der Fragen. Dazu ist leider keine Antwort erfolgt. Schade, es hätte die rechtliche Beurteilung wesentlich erleichtert.)
Die Problematik besteht freilich nicht darin, dass die Kantonspolizei überhaupt Personen befragt. Das darf sie nach Massgabe von § 24 Abs. 1 PolG relativ beliebig, solange es irgendwie der Erfüllung polizeilicher Aufgaben dient.
Wie dargelegt ist die Erkennung möglicher zukünftiger Straftaten keine kriminalpolizeiliche Tätigkeit. Sie dient aber auch nicht der Gefahrenabwehr im Sinne einer sicherheitspolizeilichen Tätigkeit nach § 9 POG.
Denn, wie § 3 Abs. 2 lit. c PolG festhält, müssen die Gefahren konkret und unmittelbar bevorstehend sein, um eine von der Strafverfolgung unabhängige Eingriffsgrundlage der Polizei begründen zu können.
Beides liegt beim sogenannten Bedrohungsmanagement klar nicht vor. Als Grundlage für vorgenommene Massnahmen wird auf die als gefährlich markierte Person abgestellt, nicht auf einen konkreten Sachverhalt, der eine Störung der öffentlichen Sicherheit darstellt.
Zudem wird nicht eine gegenwärtige oder geplante Gefahrenlage beseitigt, sondern ein mögliches zukünftiges Verhalten einer Person soll verhindert werden.
Das ist nicht Gefahrenabwehr, sondern Personenabwehr.
Klingt übel und ist es auch. Denn, dass die Polizei die Aufgabe hat, als gefährlich oder gewaltbereit bezeichnete Personen aus der Gesellschaft auszusondern, das steht zum Glück (noch) nicht im Polizeiorganisationsgesetz.
§ 11 POG bestimmt vielmehr, dass der Kantonspolizei die Kompetenz für kriminalpolizeiliches, sicherheitspolizeiliches und verkehrspolizeiliches [2] Handeln zukommt. Nicht weniger, aber eben auch nicht mehr. Was sich nicht unter diese drei Formen der Polizeiarbeit einordnen lässt, ist schlicht nicht zulässig.
Demnach ergibt sich: Für die Befragungen des Bedrohungsmanagement besteht keine gesetzliche Grundlage. Es kann auch keine geben, denn es handelt sich bei dieser Massnahme nicht um eine Form bekannter polizeilicher Tätigkeit, die sich in das Schema präventiver oder repressiver Handlungen nach § 7 POG einordnen lässt.
Vielmehr soll durch das Bedrohungsmanagement herausgefunden werden, welcher Personen in Zukunft möglicherweise Straftaten begehen. Das ist nicht präventiv, sondern präkognitiv und damit ein vollkommen neues Aufgabenfeld, dass – sofern überhaupt möglich – erst einmal verfassungskonform definiert werden müsste, bevor die einzelnen Massnahmen auf eine gesetzliche Grundlage gestellt werden können.
Befragungen dürfen zudem nicht mit Zwangsmitteln gegen den Willen des Betroffenen erwirkt werden, dies ist nur im Strafverfahren und auch dort nur unter besonderen Voraussetzungen zulässig. (Vgl. Art. 201ff. StPO, insb. Art. 206 Abs. 2 StPO)
Wie die Sicherheitsdirektion jedoch selbst anerkennt, geht es vorliegend gar nicht um die Aufklärung von Straftaten, sondern um „Entschärfung“ möglicher zukünftiger Gefahren.
Hierauf kann die Strafprozessordnung als Legitimation ersichtlicherweise keine Anwendung finden. Auch das kantonale Polizeirecht liefert keine Rechtfertigung.
Zwar erlaubt § 13 Abs. 1 PolG grundsätzlich die Anwendung von Zwangsmassnahmen, doch müssen sich diese gem. § 18 PolG gegen Störer richten und dürfen nur ausnahmsweise, nach Massgabe von § 19 PolG auch gegen Dritte eingesetzt werden, dann nämlich, wenn dies ausdrücklich gesetzlich vorgesehen ist oder der Gefahrenabwehr dient.
Der Betroffene einer Massnahme des Bedrohungsmanagements ist aber gerade kein Störer im Sinne von § 18 PolG. Störer ist, wer durch sein Verhalten eine unmittelbare Gefährdung für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstellt bzw. hervorruft.
Das Konzept des Bedrohungsmanagements basiert laut Sicherheitsdirektion darauf „Fälle mit Eskalationspotential für Gewalttaten frühzeitig zu erkennen“, also gerade vor der Ebene der Unmittelbarkeit anzusetzen, um mittelbare und mögliche zukünftige Gefährdungen zu verhindern.
Das Bedrohungsmanagement richtet sich demnach nicht gegen Störer, sondern gegen potentielle zukünftige Störer. Diese sind jedoch auch keine Dritten im Sinne von § 19 PolG.
Wie dargelegt sind die fraglichen Massnahmen weder durch Gesetz ausdrücklich bestimmt noch dienen sie der Gefahrenabwehr, wie es für die Anwendung von § 19 PolG erforderlich wäre. Das schliesst die Anwendung von Zwangsmassnahmen gegen Nichtstörer folglich aus.
Dementsprechend ist es nicht zulässig, an die fehlende Kooperationswilligkeit mit den Behörden für den Betroffenen nachteilige Rechtsfolgen zu knüpfen.
Wenn das Bedrohungsmanagement dies gleichwohl tut, handelt es rechtswidrig. Dies wäre insbesondere dann der Fall, wenn die Massnahme der Inhaftierung als Droh- oder Druckmittel eingesetzt würde, um Betroffene einzuschüchtern, sodass diese der Befragung „freiwillig“ zustimmen. [3]
Auch die Massnahme der Inhaftierung selbst ist hochproblematisch. Die Bewegungsfreiheit des Einzelnen ist ein solch hohes Rechtsgut, dass es nicht nur als selbständiges Grundrecht ausgestaltet ist (BV 10 II) und somit überhaupt nur unter den kumulativen Voraussetzungen für Grundrechtsbeschränkungen (BV 36) beschnitten werden darf, sondern als Teil einer rechtsstaatlichen Verfahrensgarantie (Freiheitsentzug nur nach Gesetz und durch Gericht, BV 31 I et IV) zusätzlichen Formvorschriften unterliegt, die bei aller staatlichen Tätigkeit zwingend einzuhalten sind, um den verfassungsrechtlichen Vorgaben zu genügen.
Demnach darf jemandem die Freiheit in welcher Form auch immer, insbesondere auch bei Inhaftierung durch eine staatliche Behörde, nur dann entzogen werden, wenn:
1. Eine genügende gesetzliche Grundlage für den Freiheitsentzug besteht
2. Ein überwiegendes öffentliches Interesse an dem Freiheitsentzug besteht
3. Die Verhältnismässigkeit in allen Teilgehalten gewahrt bleibt
4. Der Kerngehalt der Bewegungsfreiheit erhalten bleibt
5. Voraussetzungen, Umfang, Art und Weise des Freiheitsentzug durch Gesetz geregelt ist
6. Eine gerichtliche Überprüfung des Freiheitsentzugs jederzeit möglich ist
Diese Rechtslage besteht so auch im verbindlichen europäischen (EMRK 5 I, 6 I) und internationalen Recht (UNO-Pakt II 9 I et IV, 12 I ), sodass diese Grundrechte selbst dann Geltung erlangen müssen, wenn sie nach Art. 190 BV durch Bundesgesetz auf nationaler Ebene ausgehebelt wären. Da es vorliegend um das Fehlverhalten kantonaler Behörden in konkreten Fällen geht, ist Art. 190 BV jedoch gerade nicht anwendbar.
Im vorliegenden Fall besteht das Problem bereits auf der Ebene der gesetzlichen Grundlage, sodass dahinstehen kann, ob die weiteren Vorgaben erfüllt sind oder nicht. [4]
Es trifft freilich zu, dass die Kantonspolizei das Recht hat, Personen festzuhalten und zu inhaftieren. An dieses Recht sind allerdings auch Bedingungen geknüpft. Kriminalpolizeilich ist das im Strafverfahren zulässig, wenn ein Tatverdacht besteht (StPO 217), sicherheitspolizeilich ist zudem auch ohne Tatverdacht der Polizeigewahrsam zulässig.
Dieser ist in § 25ff. PolG geregelt und namentlich gegenüber flüchtigen, unmündigen und entmündigten Personen sowie zur Gefahrenabwehr zulässig. Er ist gem. § 27 PolG zudem zeitlich auf maximal 24 Stunden begrenzt.
Das Konzept der Inhaftierung durch das Bedrohungsmanagement lässt sich aber nicht unter den Polizeigewahrsam subsumieren. Weder können ausschliesslich flüchtige, unmündige oder entmündigte Personen hiervon betroffen werden, noch wird Gefahrenabwehr betrieben.
Zudem kann es dem Sinn einer Präventivhaft (zur Verhinderung zukünftiger Straftaten) schon rein logisch nicht entsprechen, zeitlich stark beschränkt zu sein.
Daraus folgt: Auch für den Freiheitsentzug durch das Bedrohungsmanagement besteht keine gesetzliche Grundlage.
Hieran ändert auch die polizeiliche Generalklausel von § 9 PolG nichts. Diese bestimmt, dass die Kantonspolizei im Einzelfall ausnahmsweise auch ohne gesetzliche Grundlage handeln darf. Dem steht i.c. allerdings übergeordnetes Recht entgegen.
Zwar ist auch das Verfassungsrecht mit Art. 36 Abs. 1 BV gegenüber polizeilicher Massnahmen äusserst grosszügig, indem es die Pflicht zur gesetzlichen Grundlage bei Normen der Gefahrenabwehr grundsätzlich entfallen lässt.
Doch, selbst wenn man den Begriff des Einzelfalls auf eine beliebig grosse Anzahl von Fällen ohne zeitliche Beschränkung überdehnen möchte, stellt Art. 31 Abs. 1 BV eindeutig klar, das für jede Form des Freiheitsentzugs eine klare gesetzliche Grundlage bestehen muss, und im Gesetz festgeschrieben sein muss, unter welchen Bedingungen und in welcher Art und Weise dieser erfolgen darf.
Wenn dies, wie hier nicht eingehalten wird, stellt es einen Verfassungsverstoss dar.
Es bleibt daher abschliessend festzuhalten: Dies ist nichts anderes als ein erster Versuch das Precrime-System aus dem Film Minority Report in die reale Welt zu adaptieren. Dabei geht vergessen, dass 2054 (wie auch 1984) eine Dystopie und keine Handlungsanleitung ist. Jede Form eines Präkognitionsstrafrechts lässt sich mit einem Rechtsstaat klar nicht vereinbaren.
Deshalb muss darauf gedrängt werden, dass diese Massnahmen, solange sie nicht gesetzlich ausdrücklich bestimmt und beschränkt worden sind, unterlassen werden.
Für den Fall, dass die hier beschriebenen Methoden der Präventivhaft in gleicher Form in kantonales Recht kodifiziert werden, ist der Griff zur Verfassungsbeschwerde als Abwehrmittel bereits vorprogrammiert.
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[1] Nur der TV-Beitrag von Tele Züri vom 19.05.2015, der leider nicht mehr online (auch nicht archivarisch) verfügbar ist, sprach davon, dass die fraglichen Gespräche nicht in den Räumlichkeiten der Polizei oder in vergleichbar offiziellem Rahmen, sondern am Wohnsitz der Betroffenen durchgeführt werden.
Da keine belegbare Alternativquelle verfügbar war, ist dieser Aspekt in obiger rechtlicher Betrachtung bewusst ausgespart. Sollte sich die Darstellung von Tele Zürich bzg. des Prozedere als korrekt herausstellen, so wirft dies zusätzlich das Problem auf, dass es Polizeibeamten ohne Rechtfertigungsgrund nicht erlaubt ist, Wohnungen von Privatpersonen zu betreten.
(§ 20 PolG erlaubt nur den Zutritt zu Privatgrundstücken, das Betreten von Räumlichkeiten ist nur zur Aufklärung von Straftaten zulässig und richtet sich nach den Regeln für die Hausdurchsuchung, vgl. StPO 213 I, 244 I. Gefahr in Verzug (StPO 213 II) kann nicht begründet werden, wenn noch nicht einmal klar ist, ob eine Gefahr überhaupt besteht.)
[2] Für die Annahme einer verkehrspolizeilichen Tätigkeit bestehen keinerlei Anhaltspunkte. Es erübrigt sich daher, zu zeigen, dass die fraglichen Massnahmen auch unter dieser Prämisse unzulässig wären.
[3] Der Konjunktiv hier ist bewusst gewählt, da die beschriebenen rechtswidrigen Handlungen rein spekulativ sind und sich nicht auf die vorliegenden Medienberichte stützen können.
Da aus der Vergangenheit jedoch bekannt ist, dass bei ähnlichen Konstellationen ohne Rechtsgrundlage die allgemeinen Befugnisse gerne etwas überdehnt werden, vergleiche hierzu etwa das Urteil des Amtsgerichts Bremen bzg. Hausfriedensbruch durch GEZ-Fahnder
(Az. 42 C 43/10), sei schon mal vorsorglich erwähnt, dass diese klare Grenzen haben.
[4] Das bedeutet allerdings nicht, dass es nicht erheblich zweifelhaft ist, ob die restlichen Vorgaben tatsächlich alle erfüllt sind. In einem allfälligen Prozess um die Gültigkeit der fraglichen Massnahmen müssten selbstverständlich sämtliche Punkte Beachtung finden und bestritten werden.
警察は暴走殺人者のリストを作りました。暴走殺人者は誰も
「その人は危なく暴力、警察を陳ずります」人です。
警察は危なく暴力な人に話し合いをさせます。
この話し合いは暴走殺人者の家を開催されました。
危なく暴力な人は非協力的、警察はその人を拘禁します。
それは人権の問題だと思います。Edit (28.07.2015): Die Antwort der Sicherheitsdirektion ist – freundlich ausgedrückt – nichtssagend. Dass es Aufgabe der Polizei ist, geplante Verbrechen zu verhindern, ist offensichtlich und wurde nicht bestritten.
Die zentrale Frage war: Warum ist es der Kantonspolizei erlaubt, ihre Befragungen in der durch die Privatsphäre geschützten Wohnung der Betroffenen vorzunehmen und welche Gesetzesartikel ermöglichen die Inhaftierung von Personen, bei denen weder der Verdacht besteht, dass sie eine Straftat begangen haben oder eine solche planen, über den blossen Polizeigewahrsam (24 Stunden) hinaus?
Den zitierten Rechtsnormen lässt sich eine Rechtfertigung für solche Massnahmen jedenfalls nicht entnehmen. Auch die übrigen schweizerischen Gesetze kennen – wie dargelegt – solche Massnahmen nicht. Die verfassungsrechtliche Problematik besteht daher nach wie vor.日本語でEdit(六月二十七日):
州警察の応酬は可也て無意味です。
犯罪を予防するは警察の職分です、はい。その通りです。異議がない。
でも、一番大切な質問は
「どの法は警察が被災者の家で話し合いさせるを許可しますか」
で二番大切な質問は
「どの法は警察がその人を二十四時間以上監禁するを許可しますか」
でした。
その質問について、州警察は何も言いませんでした。
そして、全てのスイス法は質問当の方法がありません。
だから、人権の問題は続きます。
An den Vorsteher des Sicherheitsdepartements
An den Leiter der Präventionsabteilung der Kantonspolizei Zürich
Petition / Anfrage zur Rechtmässigkeit der Amokläuferkartei (Bedrohungsmanagement)
Sehr geehrter Herr Fehr, sehr geehrter Herr Brunner,
Mit dieser Eingabe möchte ich – gestützt auf Art. 33 BV i.v. mit Art. 10 Abs. 1 KV ZH sowie Art. 16 KV ZH, eventual gestützt auf Art. 17 KV ZH i.v. mit § 20 IDG ZH, Auskünfte zu oben genannter Thematik einholen.
Bitte beantworten Sie mir dazu die folgenden Fragen, die sich mir aufgrund Ihrer Aussagen in der Berichterstattung auf Tele Züri vom 19.05.2015 stellen:
1. Auf welcher Rechtsgrundlage basiert das Bedrohungsmanagement der Kantonspolizei Zürich? Bitte nennen Sie mir die relevanten Gesetzesartikel und begründen Sie dies.
2. Welche Massnahmen trifft die Kantonspolizei Zürich im Rahmen des Bedrohungsmanagements konkret? Der Beitrag nennt lediglich das Gespräch am Wohnort der als gefährlich eingestuften Person sowie deren Inhaftierung.
Sind dies alle Massnahmen, die das Bedrohungsmanagements in einem solchen Fall vornehmen kann oder gibt es weitere? (Etwa Hausdurchsuchung der Wohnung des Betroffenen, amtliche Überwachung nach Art. 197octis StGB etc.) Falls ja, zählen Sie diese bitte abschliessend auf.
3. Aufgrund welchen objektiven Tatsachen wird eine Person als gefährlich rsp. gewaltbereit eingestuft? Erfolgt diese Einstufung durch geschultes Fachpersonal (Psychologen) oder kann sie von jedem Polizeibeamten vorgenommen werden?
Falls ja, erfolgt dies im Zug einer Ferndiagnose nach Massgabe der in international standardisierten psychiatrischen Handbücher (ICD 10 / DSM IV) beschriebenen Symptomatik für Persönlichkeitsstörungen oder in einer ähnlich fachkundigen Weise?
Wenn nein, warum nicht?
4. Was versteht die Kantonspolizei Zürich unter einem „Amoklauf“? Welche Straftaten werden hierunter gezählt insbesondere vor Hinsicht, dass mit BGE 140 I 353 im Zuge der Aufhebung von § 32f Abs. 2 PolG ZH der Begriff des „Amoklaufs“ aus dem Gesetz gestrichen wurde?
5. Für welche weiteren, möglicherweise geplanten Straftaten neben dem „Amoklauf“ findet das Bedrohungsmanagement als Mittel der Prävention Anwendung?
6. Auf welcher Rechtsgrundlage basiert die Inhaftierung gesprächsunwilliger Personen? In welcher Form erfolgt die Haft? (Polizeigewahrsam, Untersuchungshaft, (ausser)ordentlicher Strafvollzug, fürsorgerische Unterbringung)
Wie lange dauert diese maximal und welche Möglichkeiten des Rechtschutzes (sofortige Haftprüfungsbeschwerde, vorgängige richterliche Anordnung, nachträgliche Beschwerdemöglichkeit etc.) hat der Betroffene?
7. Wie wird sichergestellt, dass die durch das Bedrohungsmanagment ausgesprochenen Verhaftungen nicht in eine Form des reinen Vorbeugegewahrsams analog zur verbotenen Schutzhaft ausarten?
(Siehe hierzu die Entscheidung des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main (Az. 20 W 211/06) zum hessischen Unterbindungsgewahrsam, wonach auf Vermutungen basierender Freiheitsentzug verfassungsrechtlich eben gerade nicht zulässig ist.)
8. In wie fern lässt sich die Inhaftierung von Personen, die weder eine Straftat begangen haben noch eine solche unmittelbar planen, verfassungsrechtlich rechtfertigen?
Bitte erklären Sie, weshalb aus Ihrer Sicht hierbei kein Konflikt mit den Grundrechten auf persönliche Freiheit (Art. 10 Abs. 2 BV), Privatsphäre (Art. 13 Abs. 1 BV, Art. 8 EMRK), Freiheitsentzug nur nach Gesetz und durch Gericht (Art. 31 Abs. 1 et 4 BV, Art. 5 EMRK) dem Willkürverbot (Art. 9 BV) sowie dem Verhältnismässigkeitgebot (Art. 36 Abs. 3 BV) bestehet.
Ich gehe davon aus, dass der Erhalt der gewünschten Informationen im Rahmen einer Petitionsantwort möglich ist. Sollten Sie diese Einschätzung nicht teilen, bitte ich meine Eingabe als einfache Anfrage nach Informationsdatengesetz im Sinne von § 29 Abs. 2 lit. a IDG ZH zu betrachten.
Sollten Sie auch dies nicht als gegeben ansehen, bitte ich um vorgängige Benachrichtigung über die Gebührenhöhe, sollte sie die Geringfügigkeitsgrenze gem. § 35 Abs. 3 Satz 2 IDV ZH übersteigen.
Bitte teilen Sie mir mit, ob Sie meiner Anfrage entsprechen und mir die angefragten Informationen zur Verfügung stellen können.
Mit freundlichen Grüssen
- Bündnis für sinnvolle Rechtssetzung -
Kontaktadresse für die elektronische Zustellung von Daten im Sinne von §10 Abs. 3 IDV ZH: BVGGCHEM@gmx-topmail.de
Antwort der Sicherheitsdirektion:
Zusammengefasst: Laut Sicherheitsdirektion ergebe sich die gesetzliche Grundlage für das Bedrohungsmanagement aus Art. 8 Abs. 1 POG sowie der POLIS-Verordnung. Im Übrigen seien die im Rahmen des Bedrohungsmanagement vorgenommenen Massnahmen gesetzlich vorgesehen und würden nach Massgabe des Verhältnismässigkeitsgrundsatz angewandt.
Die zitierten Rechtsnormen wurden selbstverständlich überprüft. Bedauerlicherweise, aber erwartet erweist sich die Ansicht der Sicherheitsdirektion dabei als rechtlich unhaltbar.
Aus Artikel 8 Absatz 1 des Polizeiorgansiationsgesetzes ergibt sich nur, dass die Kantonspolizei „zur Verhütung von Straftaten“ kriminalpolizeilich tätig werden darf, was weder bestritten noch erfragt wurde. Die Verhinderung möglicher, zukünftiger Straftaten ist jedoch gerade keine kriminalpolizeiliche Tätigkeit, sondern kann – wenn überhaupt – allenfalls im Rahmen der Gefahrenabwehr sicherheitspolizeiliche Aufgabe sein.
Die POLIS-Verordnung ist ein bisschen länger (12 Seiten), darum hier nicht im Volltext abgebildet. Wer nachschlagen will, findet sie in der amtlichen Sammlung: LS 551.103 Die POLIS-Verordnung hatte übrigens auch schon ihre Ehrenrunde vor dem Bundesgericht (BGer 1P.71/2006) ist aber im Gegensatz zum Polizeigesetz [LS 550.1 ] (BGE 136 I 87, 140 I 353) dabei nicht durchgefallen, sondern wurde als verfassungskonform bestätigt.
Könnte man also das Verhalten der Kantonspolizei im Zusammenhang mit der Amokläuferkartei unter die Bestimmungen der POLIS-Verordnung subsumieren, müsste man wohl zähneknirschend zugeben, dass zumindest kein rechtliches Problem besteht.
In der Tat besteht gem. § 4 Abs. 2 lit. b et f POLIS-Verordnung der Zweck dieser Datensammlung darin, Lageberichte und Täterprofile zu erstellen. § 9 POLIS-Verordnung erlaubt denn auch die Verwendung solchermassen zusammengestellter Datensätze zu Fahndungszwecken, allerdings zur Aufklärung ungeklärter Straftaten.
(Übrigens wäre es nett gewesen, diese Normen gleich in der Antwort zu nennen, dann hätte man nicht suchen müssen. Service Public und so...)
Die blosse Erstellung von Listen, auf der Personen als gefährlich rsp. gewaltbereit markiert werden, ist daher wohl – wenn auch aufgrund des offenbar längst vergessenen Fichenskandals rechtspolitisch gesehen m.E äusserst unschön – rechtlich zulässig.
Allerdings regelt die POLIS-Verordnung nur die Bearbeitung bereits vorhandener Informationen und nicht die Informationsbeschaffung.
Die Aktivität der Kantonspolizei im Rahmen des Bedrohungsmanagement geht nämlich laut Medienberichten [20min, SRF I, SRF II] deutlich darüber hinaus:
1. Wird Personen, die von der Kantonspolizei als gefährlich rsp. gewaltbereit einstuft wurden, ein psychologisches Gespräch (in deren Wohnung [1]) aufgedrängt.
2. Können Personen, wenn sie ein solches Gespräch ablehnen, inhaftiert werden.
(Die konkrete Ausgestaltung beider Massnahmen hinsichtlich Art, Dauer, Voraussetzungen und Durchführung war auch Gegenstand der Fragen. Dazu ist leider keine Antwort erfolgt. Schade, es hätte die rechtliche Beurteilung wesentlich erleichtert.)
Die Problematik besteht freilich nicht darin, dass die Kantonspolizei überhaupt Personen befragt. Das darf sie nach Massgabe von § 24 Abs. 1 PolG relativ beliebig, solange es irgendwie der Erfüllung polizeilicher Aufgaben dient.
Wie dargelegt ist die Erkennung möglicher zukünftiger Straftaten keine kriminalpolizeiliche Tätigkeit. Sie dient aber auch nicht der Gefahrenabwehr im Sinne einer sicherheitspolizeilichen Tätigkeit nach § 9 POG.
Denn, wie § 3 Abs. 2 lit. c PolG festhält, müssen die Gefahren konkret und unmittelbar bevorstehend sein, um eine von der Strafverfolgung unabhängige Eingriffsgrundlage der Polizei begründen zu können.
Beides liegt beim sogenannten Bedrohungsmanagement klar nicht vor. Als Grundlage für vorgenommene Massnahmen wird auf die als gefährlich markierte Person abgestellt, nicht auf einen konkreten Sachverhalt, der eine Störung der öffentlichen Sicherheit darstellt.
Zudem wird nicht eine gegenwärtige oder geplante Gefahrenlage beseitigt, sondern ein mögliches zukünftiges Verhalten einer Person soll verhindert werden.
Das ist nicht Gefahrenabwehr, sondern Personenabwehr.
Klingt übel und ist es auch. Denn, dass die Polizei die Aufgabe hat, als gefährlich oder gewaltbereit bezeichnete Personen aus der Gesellschaft auszusondern, das steht zum Glück (noch) nicht im Polizeiorganisationsgesetz.
§ 11 POG bestimmt vielmehr, dass der Kantonspolizei die Kompetenz für kriminalpolizeiliches, sicherheitspolizeiliches und verkehrspolizeiliches [2] Handeln zukommt. Nicht weniger, aber eben auch nicht mehr. Was sich nicht unter diese drei Formen der Polizeiarbeit einordnen lässt, ist schlicht nicht zulässig.
Demnach ergibt sich: Für die Befragungen des Bedrohungsmanagement besteht keine gesetzliche Grundlage. Es kann auch keine geben, denn es handelt sich bei dieser Massnahme nicht um eine Form bekannter polizeilicher Tätigkeit, die sich in das Schema präventiver oder repressiver Handlungen nach § 7 POG einordnen lässt.
Vielmehr soll durch das Bedrohungsmanagement herausgefunden werden, welcher Personen in Zukunft möglicherweise Straftaten begehen. Das ist nicht präventiv, sondern präkognitiv und damit ein vollkommen neues Aufgabenfeld, dass – sofern überhaupt möglich – erst einmal verfassungskonform definiert werden müsste, bevor die einzelnen Massnahmen auf eine gesetzliche Grundlage gestellt werden können.
Befragungen dürfen zudem nicht mit Zwangsmitteln gegen den Willen des Betroffenen erwirkt werden, dies ist nur im Strafverfahren und auch dort nur unter besonderen Voraussetzungen zulässig. (Vgl. Art. 201ff. StPO, insb. Art. 206 Abs. 2 StPO)
Wie die Sicherheitsdirektion jedoch selbst anerkennt, geht es vorliegend gar nicht um die Aufklärung von Straftaten, sondern um „Entschärfung“ möglicher zukünftiger Gefahren.
Hierauf kann die Strafprozessordnung als Legitimation ersichtlicherweise keine Anwendung finden. Auch das kantonale Polizeirecht liefert keine Rechtfertigung.
Zwar erlaubt § 13 Abs. 1 PolG grundsätzlich die Anwendung von Zwangsmassnahmen, doch müssen sich diese gem. § 18 PolG gegen Störer richten und dürfen nur ausnahmsweise, nach Massgabe von § 19 PolG auch gegen Dritte eingesetzt werden, dann nämlich, wenn dies ausdrücklich gesetzlich vorgesehen ist oder der Gefahrenabwehr dient.
Der Betroffene einer Massnahme des Bedrohungsmanagements ist aber gerade kein Störer im Sinne von § 18 PolG. Störer ist, wer durch sein Verhalten eine unmittelbare Gefährdung für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstellt bzw. hervorruft.
Das Konzept des Bedrohungsmanagements basiert laut Sicherheitsdirektion darauf „Fälle mit Eskalationspotential für Gewalttaten frühzeitig zu erkennen“, also gerade vor der Ebene der Unmittelbarkeit anzusetzen, um mittelbare und mögliche zukünftige Gefährdungen zu verhindern.
Das Bedrohungsmanagement richtet sich demnach nicht gegen Störer, sondern gegen potentielle zukünftige Störer. Diese sind jedoch auch keine Dritten im Sinne von § 19 PolG.
Wie dargelegt sind die fraglichen Massnahmen weder durch Gesetz ausdrücklich bestimmt noch dienen sie der Gefahrenabwehr, wie es für die Anwendung von § 19 PolG erforderlich wäre. Das schliesst die Anwendung von Zwangsmassnahmen gegen Nichtstörer folglich aus.
Dementsprechend ist es nicht zulässig, an die fehlende Kooperationswilligkeit mit den Behörden für den Betroffenen nachteilige Rechtsfolgen zu knüpfen.
Wenn das Bedrohungsmanagement dies gleichwohl tut, handelt es rechtswidrig. Dies wäre insbesondere dann der Fall, wenn die Massnahme der Inhaftierung als Droh- oder Druckmittel eingesetzt würde, um Betroffene einzuschüchtern, sodass diese der Befragung „freiwillig“ zustimmen. [3]
Auch die Massnahme der Inhaftierung selbst ist hochproblematisch. Die Bewegungsfreiheit des Einzelnen ist ein solch hohes Rechtsgut, dass es nicht nur als selbständiges Grundrecht ausgestaltet ist (BV 10 II) und somit überhaupt nur unter den kumulativen Voraussetzungen für Grundrechtsbeschränkungen (BV 36) beschnitten werden darf, sondern als Teil einer rechtsstaatlichen Verfahrensgarantie (Freiheitsentzug nur nach Gesetz und durch Gericht, BV 31 I et IV) zusätzlichen Formvorschriften unterliegt, die bei aller staatlichen Tätigkeit zwingend einzuhalten sind, um den verfassungsrechtlichen Vorgaben zu genügen.
Demnach darf jemandem die Freiheit in welcher Form auch immer, insbesondere auch bei Inhaftierung durch eine staatliche Behörde, nur dann entzogen werden, wenn:
1. Eine genügende gesetzliche Grundlage für den Freiheitsentzug besteht
2. Ein überwiegendes öffentliches Interesse an dem Freiheitsentzug besteht
3. Die Verhältnismässigkeit in allen Teilgehalten gewahrt bleibt
4. Der Kerngehalt der Bewegungsfreiheit erhalten bleibt
5. Voraussetzungen, Umfang, Art und Weise des Freiheitsentzug durch Gesetz geregelt ist
6. Eine gerichtliche Überprüfung des Freiheitsentzugs jederzeit möglich ist
Diese Rechtslage besteht so auch im verbindlichen europäischen (EMRK 5 I, 6 I) und internationalen Recht (UNO-Pakt II 9 I et IV, 12 I ), sodass diese Grundrechte selbst dann Geltung erlangen müssen, wenn sie nach Art. 190 BV durch Bundesgesetz auf nationaler Ebene ausgehebelt wären. Da es vorliegend um das Fehlverhalten kantonaler Behörden in konkreten Fällen geht, ist Art. 190 BV jedoch gerade nicht anwendbar.
Im vorliegenden Fall besteht das Problem bereits auf der Ebene der gesetzlichen Grundlage, sodass dahinstehen kann, ob die weiteren Vorgaben erfüllt sind oder nicht. [4]
Es trifft freilich zu, dass die Kantonspolizei das Recht hat, Personen festzuhalten und zu inhaftieren. An dieses Recht sind allerdings auch Bedingungen geknüpft. Kriminalpolizeilich ist das im Strafverfahren zulässig, wenn ein Tatverdacht besteht (StPO 217), sicherheitspolizeilich ist zudem auch ohne Tatverdacht der Polizeigewahrsam zulässig.
Dieser ist in § 25ff. PolG geregelt und namentlich gegenüber flüchtigen, unmündigen und entmündigten Personen sowie zur Gefahrenabwehr zulässig. Er ist gem. § 27 PolG zudem zeitlich auf maximal 24 Stunden begrenzt.
Das Konzept der Inhaftierung durch das Bedrohungsmanagement lässt sich aber nicht unter den Polizeigewahrsam subsumieren. Weder können ausschliesslich flüchtige, unmündige oder entmündigte Personen hiervon betroffen werden, noch wird Gefahrenabwehr betrieben.
Zudem kann es dem Sinn einer Präventivhaft (zur Verhinderung zukünftiger Straftaten) schon rein logisch nicht entsprechen, zeitlich stark beschränkt zu sein.
Daraus folgt: Auch für den Freiheitsentzug durch das Bedrohungsmanagement besteht keine gesetzliche Grundlage.
Hieran ändert auch die polizeiliche Generalklausel von § 9 PolG nichts. Diese bestimmt, dass die Kantonspolizei im Einzelfall ausnahmsweise auch ohne gesetzliche Grundlage handeln darf. Dem steht i.c. allerdings übergeordnetes Recht entgegen.
Zwar ist auch das Verfassungsrecht mit Art. 36 Abs. 1 BV gegenüber polizeilicher Massnahmen äusserst grosszügig, indem es die Pflicht zur gesetzlichen Grundlage bei Normen der Gefahrenabwehr grundsätzlich entfallen lässt.
Doch, selbst wenn man den Begriff des Einzelfalls auf eine beliebig grosse Anzahl von Fällen ohne zeitliche Beschränkung überdehnen möchte, stellt Art. 31 Abs. 1 BV eindeutig klar, das für jede Form des Freiheitsentzugs eine klare gesetzliche Grundlage bestehen muss, und im Gesetz festgeschrieben sein muss, unter welchen Bedingungen und in welcher Art und Weise dieser erfolgen darf.
Wenn dies, wie hier nicht eingehalten wird, stellt es einen Verfassungsverstoss dar.
Es bleibt daher abschliessend festzuhalten: Dies ist nichts anderes als ein erster Versuch das Precrime-System aus dem Film Minority Report in die reale Welt zu adaptieren. Dabei geht vergessen, dass 2054 (wie auch 1984) eine Dystopie und keine Handlungsanleitung ist. Jede Form eines Präkognitionsstrafrechts lässt sich mit einem Rechtsstaat klar nicht vereinbaren.
Deshalb muss darauf gedrängt werden, dass diese Massnahmen, solange sie nicht gesetzlich ausdrücklich bestimmt und beschränkt worden sind, unterlassen werden.
Für den Fall, dass die hier beschriebenen Methoden der Präventivhaft in gleicher Form in kantonales Recht kodifiziert werden, ist der Griff zur Verfassungsbeschwerde als Abwehrmittel bereits vorprogrammiert.
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[1] Nur der TV-Beitrag von Tele Züri vom 19.05.2015, der leider nicht mehr online (auch nicht archivarisch) verfügbar ist, sprach davon, dass die fraglichen Gespräche nicht in den Räumlichkeiten der Polizei oder in vergleichbar offiziellem Rahmen, sondern am Wohnsitz der Betroffenen durchgeführt werden.
Da keine belegbare Alternativquelle verfügbar war, ist dieser Aspekt in obiger rechtlicher Betrachtung bewusst ausgespart. Sollte sich die Darstellung von Tele Zürich bzg. des Prozedere als korrekt herausstellen, so wirft dies zusätzlich das Problem auf, dass es Polizeibeamten ohne Rechtfertigungsgrund nicht erlaubt ist, Wohnungen von Privatpersonen zu betreten.
(§ 20 PolG erlaubt nur den Zutritt zu Privatgrundstücken, das Betreten von Räumlichkeiten ist nur zur Aufklärung von Straftaten zulässig und richtet sich nach den Regeln für die Hausdurchsuchung, vgl. StPO 213 I, 244 I. Gefahr in Verzug (StPO 213 II) kann nicht begründet werden, wenn noch nicht einmal klar ist, ob eine Gefahr überhaupt besteht.)
[2] Für die Annahme einer verkehrspolizeilichen Tätigkeit bestehen keinerlei Anhaltspunkte. Es erübrigt sich daher, zu zeigen, dass die fraglichen Massnahmen auch unter dieser Prämisse unzulässig wären.
[3] Der Konjunktiv hier ist bewusst gewählt, da die beschriebenen rechtswidrigen Handlungen rein spekulativ sind und sich nicht auf die vorliegenden Medienberichte stützen können.
Da aus der Vergangenheit jedoch bekannt ist, dass bei ähnlichen Konstellationen ohne Rechtsgrundlage die allgemeinen Befugnisse gerne etwas überdehnt werden, vergleiche hierzu etwa das Urteil des Amtsgerichts Bremen bzg. Hausfriedensbruch durch GEZ-Fahnder
(Az. 42 C 43/10), sei schon mal vorsorglich erwähnt, dass diese klare Grenzen haben.
[4] Das bedeutet allerdings nicht, dass es nicht erheblich zweifelhaft ist, ob die restlichen Vorgaben tatsächlich alle erfüllt sind. In einem allfälligen Prozess um die Gültigkeit der fraglichen Massnahmen müssten selbstverständlich sämtliche Punkte Beachtung finden und bestritten werden.
BV-GG-CHEM - 23. Mai, 06:02