Petition: Erlass einer Stellungsnahme zur universitären und studentischen Meinungsfreiheit sowie sogenannten „Safe Spaces“
An das Rektorat der Universität Zürich sowie;
An die Dekanate der rechtswissenschaftlichen, wirtschaftswissenschaftlichen, philosophischen,
mathematisch-naturwissenschaftlichen, Vetsuisse,
theologischen und medizinischen Fakultäten
Sehr geehrter Herr Rektor Hengartner,
Sehr geehrte Frau Professorin Tag,
Sehr geehrter Herr Professor Gall,
Sehr geehrter Herr Professor Müller Nielaba,
Sehr geehrter Herr Professor Siegel,
Sehr geehrter Herr Professor Stephan,
Sehr geehrte Frau Professorin Bergjan,
Sehr geehrte Frau Professorin Walitza
Mit dieser Eingabe möchten wir Sie alle darum ersuchen, – gestützt auf Art. 33 BV i.v. mit Art. 10 Abs. 1 KV ZH, Art. 16 KV ZH sowie § 30 Abs. 3 UniG ZH – aus gegebenem Anlass eine gemeinsame Stellungsnahme der Universität sowie der einzelnen Fakultäten zu oben bezeichnetem Thema zu erlassen, die insbesondere beinhaltet, dass sowohl Universität wie auch Fakultäten an der Meinungsäusserungsfreiheit nach Art. 16 BV festhalten und deshalb sowohl das Konzept wie auch die Einrichtung sogenannter „Safe Spaces“ ablehnen.
Begründung:
Am 23. März 2017 verteilten Angehörige der hochschulpolitischen Vereinigung „kritische Politik an den Hochschulen Zürichs“ (kriPo) im Eingangsbereich des Hauptgebäudes der Universität Flugblätter, womit sie sich gegen einen angeblich fehlenden gesetzlichen Schutz vor sexueller Belästigung in Bildungseinrichtungen richteten und zu politischer Unterstützung aufriefen. (Diese Behauptung ist übrigens grob falsch. [Art. 198 StGB, Art. 8 Abs. 2 et 3 BV, Art. 28ff. ZGB])
Die in diesen Flugblättern und auf den damit verbundenen Webseiten erhobenen konkreten politischen Forderungen geben Anlass zu erheblicher Sorge, da diese mit den rechtsstaatlichen Grundwerten der Universität im Widerspruch stehen und direkt mit jenen Werten kollidieren.
Ein Bündnis von SUD Étudiant-e-s et Précaires, sud kriPo Fribourg / Bern, kriPo Frauen*, Collectif d’étudiant·e·s en lutte contre les violences sexistes (CELVS), Conférence universitaire des associations d’étudiantEs sowie AFU – Association Féministe UNIL fordert die Universitäten dazu auf, als Gesetzgeber zu wirken und ein Parallelstrafrecht zu erlassen.
Nach dem Willen der genannten Parteien soll durch die Universitäten künftig straf, zivil- und disziplinarrechtlich verfolgt werden, wer sich durch folgende Handlungen der sogenannten „sexistischen Belästigung“ schuldig gemacht hat:
一 Ironie als rhetorisches Stilmittel
二 aggressiver und/oder belehrender Tonfall
三 langes, z.T. unstrukturiertes und monologartiges Reden
四 Unterbrechen von Redebeiträgen durch Kommentare
五 Unmutsbekundungen wie Grinsen oder Augenverdrehen
六 Unfähigkeit, Stimmungen im Raum wahrzunehmen
七 Gesten des zwischenmenschlichen Anstands, wie Aufhalten von Türen
八 Lobende Äusserungen gegenüber Frauen
九 Grosszügigkeit gegenüber Frauen (Bezahlung von Getränken)
十 Kollegiales Verhalten gegenüber Frauen (nach Hause bringen)
Dabei soll es insbesondere nicht darauf ankommen, wie der „Täter“ seine Handlung verstanden oder beabsichtigt hat, einzig relevant sei, was das „Opfer“ dabei gefühlt habe und ob es sich dabei diskriminiert vorgekommen sei.
Nimmt man diese Forderungen ernst, so müsste man in extremo schliesslich jede Vorlesung und Veranstaltung als potentielle „sexistische Belästigung“ einstufen, womit der universitäre Betrieb einzig und allein davon abhängen würde, ob auch alle Studenten den jeweiligen Dozenten mögen, was schlicht illusorisch und damit klar nicht zu verantworten ist.
Es steht zu befürchten, dass es sich hierbei um einen gezielten Versuch handelt, die demokratische Struktur der Universität über den Umweg der Hochschulpolitik bzw. der sogenannten Ausserparlamentarischen Opposition (APO) zu unterlaufen und ein anti-liberales, autoritäres System der Sprachzensur, ähnlich dem amerikanischen Konzept der sogenannten „Safe Spaces“ zu installieren. (Unter dem Begriff „Safe Spaces“ wird eine akademische Schutzzone verstanden, in der alle Formen von Meinungsäusserungen, die möglicherweise irgendjemandes Gemüt verletzen könnten, als sogenannte Mikroaggressionen [„micro aggressions“] vorsorglich verboten sind.)
Diese Petition ist folglich auch als Beschwerde gegen diese Werbeaktion zu verstehen. Wir schicken allerdings voraus, dass wir weder disziplinarische noch sonstige Bestrafung der betreffenden hochschulpolitischen Parteien und ihren Verantwortlichen noch ein Verbot der Flugblätter wünschen und uns hiermit ausdrücklich dagegen aussprechen. Wir sind uns sehr bewusst, dass auch politische Propaganda den Schutz der Meinungsäusserungsfreiheit geniessen muss, so bitter das manchmal ist.
Dennoch sind wir der Auffassung, dass diese Meinung nicht unwidersprochen bleiben darf. Sie ist extrem anti-liberal und rüttelt an den Grundfesten der Universität als liberale Institution,
die schon begrifflich („universitas“ = Gesamtheit) ein umfassendes Bildungsangebot sein muss, das von dem Gedanken des Meinungspluralismus auszugehen hat, insbesondere aber nicht einzelne Meinungen verbieten darf, mögen sie auch noch so unkonventionell oder politisch unkorrekt sein.
Es kann nicht angehen, dass politische Parteien auf dem Campus eine Art soziale Gedankenpolizei etablieren, die über das Mittel des Denunziation selbst positive Äusserungen, Gesten oder gar Respektsbekundungen wegen sogenanntem „wohlwollendem Sexismus“ und ohne Rücksicht auf elementare Rechtsgrundsätze wie Unschuldsvermutung, Verschulden oder Beweislastregeln ahnden soll. Dies vergiftet den freien Geist der Universität sowie nachhaltig auch das gesellschaftliche Miteinander der Studenten, denn es fördert Misstrauen, Missgunst, Abschottung und Selbstzensur.
Im Sinne der „counter speech“ bitten wir die Universität deshalb klarzustellen, dass sie nicht gedenkt, vom Konzept der universitären und studentischen Meinungsfreiheit abzurücken und dieses verfassungsmässige Grundrecht den Universitätsangehörigen auch zukünftig effektiv gewährleistet.
Mit freundlichen Grüssen
Beilagen: Flugblätter der kriPo Frauen* in Kopie
(„Sexuelle Belästigung UNTERDRÜCKT“)
(“Äh... war das eben gerade SEXISTISCH oder nicht?!“)
sowie Beschreibung der politischen Forderungen, einsehbar unter:
http://www.ausbildung-ohne-belaestigung.ch/que-est-ce/.
Medienberichterstattung über das Konzept der „Safe Spaces“ und den Konflikt mit der Meinungsfreiheit (Tagesanzeiger vom 18. August 2015, Zeit vom 02. Februar 2016)
An die Dekanate der rechtswissenschaftlichen, wirtschaftswissenschaftlichen, philosophischen,
mathematisch-naturwissenschaftlichen, Vetsuisse,
theologischen und medizinischen Fakultäten
Sehr geehrter Herr Rektor Hengartner,
Sehr geehrte Frau Professorin Tag,
Sehr geehrter Herr Professor Gall,
Sehr geehrter Herr Professor Müller Nielaba,
Sehr geehrter Herr Professor Siegel,
Sehr geehrter Herr Professor Stephan,
Sehr geehrte Frau Professorin Bergjan,
Sehr geehrte Frau Professorin Walitza
Mit dieser Eingabe möchten wir Sie alle darum ersuchen, – gestützt auf Art. 33 BV i.v. mit Art. 10 Abs. 1 KV ZH, Art. 16 KV ZH sowie § 30 Abs. 3 UniG ZH – aus gegebenem Anlass eine gemeinsame Stellungsnahme der Universität sowie der einzelnen Fakultäten zu oben bezeichnetem Thema zu erlassen, die insbesondere beinhaltet, dass sowohl Universität wie auch Fakultäten an der Meinungsäusserungsfreiheit nach Art. 16 BV festhalten und deshalb sowohl das Konzept wie auch die Einrichtung sogenannter „Safe Spaces“ ablehnen.
Begründung:
Am 23. März 2017 verteilten Angehörige der hochschulpolitischen Vereinigung „kritische Politik an den Hochschulen Zürichs“ (kriPo) im Eingangsbereich des Hauptgebäudes der Universität Flugblätter, womit sie sich gegen einen angeblich fehlenden gesetzlichen Schutz vor sexueller Belästigung in Bildungseinrichtungen richteten und zu politischer Unterstützung aufriefen. (Diese Behauptung ist übrigens grob falsch. [Art. 198 StGB, Art. 8 Abs. 2 et 3 BV, Art. 28ff. ZGB])
Die in diesen Flugblättern und auf den damit verbundenen Webseiten erhobenen konkreten politischen Forderungen geben Anlass zu erheblicher Sorge, da diese mit den rechtsstaatlichen Grundwerten der Universität im Widerspruch stehen und direkt mit jenen Werten kollidieren.
Ein Bündnis von SUD Étudiant-e-s et Précaires, sud kriPo Fribourg / Bern, kriPo Frauen*, Collectif d’étudiant·e·s en lutte contre les violences sexistes (CELVS), Conférence universitaire des associations d’étudiantEs sowie AFU – Association Féministe UNIL fordert die Universitäten dazu auf, als Gesetzgeber zu wirken und ein Parallelstrafrecht zu erlassen.
Nach dem Willen der genannten Parteien soll durch die Universitäten künftig straf, zivil- und disziplinarrechtlich verfolgt werden, wer sich durch folgende Handlungen der sogenannten „sexistischen Belästigung“ schuldig gemacht hat:
一 Ironie als rhetorisches Stilmittel
二 aggressiver und/oder belehrender Tonfall
三 langes, z.T. unstrukturiertes und monologartiges Reden
四 Unterbrechen von Redebeiträgen durch Kommentare
五 Unmutsbekundungen wie Grinsen oder Augenverdrehen
六 Unfähigkeit, Stimmungen im Raum wahrzunehmen
七 Gesten des zwischenmenschlichen Anstands, wie Aufhalten von Türen
八 Lobende Äusserungen gegenüber Frauen
九 Grosszügigkeit gegenüber Frauen (Bezahlung von Getränken)
十 Kollegiales Verhalten gegenüber Frauen (nach Hause bringen)
Dabei soll es insbesondere nicht darauf ankommen, wie der „Täter“ seine Handlung verstanden oder beabsichtigt hat, einzig relevant sei, was das „Opfer“ dabei gefühlt habe und ob es sich dabei diskriminiert vorgekommen sei.
Nimmt man diese Forderungen ernst, so müsste man in extremo schliesslich jede Vorlesung und Veranstaltung als potentielle „sexistische Belästigung“ einstufen, womit der universitäre Betrieb einzig und allein davon abhängen würde, ob auch alle Studenten den jeweiligen Dozenten mögen, was schlicht illusorisch und damit klar nicht zu verantworten ist.
Es steht zu befürchten, dass es sich hierbei um einen gezielten Versuch handelt, die demokratische Struktur der Universität über den Umweg der Hochschulpolitik bzw. der sogenannten Ausserparlamentarischen Opposition (APO) zu unterlaufen und ein anti-liberales, autoritäres System der Sprachzensur, ähnlich dem amerikanischen Konzept der sogenannten „Safe Spaces“ zu installieren. (Unter dem Begriff „Safe Spaces“ wird eine akademische Schutzzone verstanden, in der alle Formen von Meinungsäusserungen, die möglicherweise irgendjemandes Gemüt verletzen könnten, als sogenannte Mikroaggressionen [„micro aggressions“] vorsorglich verboten sind.)
Diese Petition ist folglich auch als Beschwerde gegen diese Werbeaktion zu verstehen. Wir schicken allerdings voraus, dass wir weder disziplinarische noch sonstige Bestrafung der betreffenden hochschulpolitischen Parteien und ihren Verantwortlichen noch ein Verbot der Flugblätter wünschen und uns hiermit ausdrücklich dagegen aussprechen. Wir sind uns sehr bewusst, dass auch politische Propaganda den Schutz der Meinungsäusserungsfreiheit geniessen muss, so bitter das manchmal ist.
Dennoch sind wir der Auffassung, dass diese Meinung nicht unwidersprochen bleiben darf. Sie ist extrem anti-liberal und rüttelt an den Grundfesten der Universität als liberale Institution,
die schon begrifflich („universitas“ = Gesamtheit) ein umfassendes Bildungsangebot sein muss, das von dem Gedanken des Meinungspluralismus auszugehen hat, insbesondere aber nicht einzelne Meinungen verbieten darf, mögen sie auch noch so unkonventionell oder politisch unkorrekt sein.
Es kann nicht angehen, dass politische Parteien auf dem Campus eine Art soziale Gedankenpolizei etablieren, die über das Mittel des Denunziation selbst positive Äusserungen, Gesten oder gar Respektsbekundungen wegen sogenanntem „wohlwollendem Sexismus“ und ohne Rücksicht auf elementare Rechtsgrundsätze wie Unschuldsvermutung, Verschulden oder Beweislastregeln ahnden soll. Dies vergiftet den freien Geist der Universität sowie nachhaltig auch das gesellschaftliche Miteinander der Studenten, denn es fördert Misstrauen, Missgunst, Abschottung und Selbstzensur.
Im Sinne der „counter speech“ bitten wir die Universität deshalb klarzustellen, dass sie nicht gedenkt, vom Konzept der universitären und studentischen Meinungsfreiheit abzurücken und dieses verfassungsmässige Grundrecht den Universitätsangehörigen auch zukünftig effektiv gewährleistet.
Mit freundlichen Grüssen
Beilagen: Flugblätter der kriPo Frauen* in Kopie
(„Sexuelle Belästigung UNTERDRÜCKT“)
(“Äh... war das eben gerade SEXISTISCH oder nicht?!“)
sowie Beschreibung der politischen Forderungen, einsehbar unter:
http://www.ausbildung-ohne-belaestigung.ch/que-est-ce/.
Medienberichterstattung über das Konzept der „Safe Spaces“ und den Konflikt mit der Meinungsfreiheit (Tagesanzeiger vom 18. August 2015, Zeit vom 02. Februar 2016)
BV-GG-CHEM - 18. Apr, 22:25